Auf Tuchfühlung mit Montessori

Spielend lernen: Eltern machten sich mit dem pädagogischen Konzept der Freien Schule Werben vertraut.
(Lesen Sie den Bericht der Volksstimme vom 21.03.2016. Text und Foto – Karina Hoppe)
Die Kinder bastelten Osterkörbchen. Ihre Väter und Mütter lernten, dass die Zwei bei Montessori Grün ist: Beim ersten Elternvormittag der geplanten Freien Schule Werben erhielten sie am Sonnabend einen Eindruck davon, wie künftig in Werben gelehrt werden soll. Einigen Eltern kam das noch etwas abstrakt vor. Ganz konkret indes ist die künftige Lehrerschaft, die sich leibhaftig vorstellte und um Vertrauen wirbt.
Eine Quadratzahl ist eine Zahl, die ein Quadrat bildet. Warum also soll sie nicht als Quadrat dargestellt werden? Im reformpädagogischen Konzept nach Maria Montessori ist das so. Alles ist so anschaulich wie möglich, das Begreifen hat immer auch etwas mit dem Greifen zu tun. Dazu forderte Carmen Schmidt, eine der künftigen Lehrer an der Freien Grundschule Werben, die Erwachsenen beim ersten Elternvormittag am Sonnabend gleich mal auf. Die Mütter und Väter sollten einen Stuhlkreis bilden. Das machten sie, aber dann in die Mitte des Kreises gehen und vor allen anderen etwas tun? Nein, lieber nicht. Nur nach mehrmaliger Aufforderung. „Und das ist auch gleich der Unterschied zu Kindern“, sagte Carmen Schmidt.
Die Erwachsenen haben Angst davor, etwas falsch zu machen und sich zu blamieren. Das soll den Kindern, die nach Montessori lernen, nicht so gehen. „Fehler sind unsere Freunde.“ So steht auch im Faltblatt über die Freie Grundschule Werben geschrieben: „Ziel unserer Arbeit ist die Selbstentwicklung der Kinder. Sie sollen sich eigenständig und frei entwickeln dürfen.“ Dafür konnte der Träger, die Stiftung Evangelische Jugendarbeit St. Johannis Bernburg, den Eltern nun auch das Lehrerteam präsentieren: namentlich sind dies Franziska Foit aus Werben mit Religion als Kernfach, Rainer Trunk aus Räbel (Kunst), die Seehäuserin Corrie Tiddens (vor allem Englisch), der Stendaler Holger Hätzel (Mathematik, Sport, Hortbetrieb) sowie die bereits erwähnte Carmen Schmidt aus Räbel, geplant als Hauptkraft für die so genannte freie Arbeit. Wobei es die klassische Trennung der Fächer so nicht gibt, erklärte Letztere. Auch werde ja in jahrgangsgemischten Klassen unterrichtet.
Eine alte Schule ist also auf neuen Wegen, daran müssen sich Teile der Elternschaft auch erstmal gewöhnen. Für Andrea Herber und Thomas Schmidt aus Werben ist trotzdem klar, dass sie ihr Tochter Jette in der Schule anmelden werden. „Auch wenn uns die Arbeit des Trägers sicher erst überzeugen muss, weil wir ja ganz andere Sachen gewöhnt sind, aber wir wagen es“, sagt Andrea Herber. Für sie war der Rundgang durch die Schulräume ein besonderer. „Wir waren die letzte zehnte Klasse an der Schule.“ Jetzt soll auch ihre Tochter in Werben unterrichtet werden. „Das will sie auch unbedingt“, betonte Jettes Papa.
Simone Blank aus Giesenslage hat sich auch einen Eindruck von der besonderen Pädagogik gemacht. Sie beteiligte sich an der Übung am so genannten 100er-Feld, ließ sich auf die Handlungsanweisungen à la Montessori von Carmen Schmidt ein. „Ich finde es ganz gut, bin aber auch froh, dass unser Sohn erst nächstes Jahr eingeschult wird.“ Da könne die Einrichtung erstmal anlaufen. Und von einer Genehmigung seitens des Landesschulamtes geht der Träger fest aus. Bis Anfang Juni muss der Entscheid gefallen sein. Dann ist vielleicht auch klar, wer die sechs Stunden für den Schulleiterposten übernimmt. Dafür interessiert sich auch Werbens Bürgermeister Jochen Hufschmidt.
Dass die Eltern sich erst mit der Reformpädagogik auseinandersetzen müssen, dass für viele alles schier Neuland ist, dafür haben Lehrer wie Träger Verständnis. „Da braucht es vor allem am Anfang einfach auch etwas Vertrauen“, sagte Adrian Einecke, beim Träger Bereichsleiter für die Tagesbetreuung in Magdeburg.
Die Freie Grundschule Werben will klein anfangen, mit einer gemischten Gruppe aus Erstklässlern und Zweitklässlern. Die Schule soll dann langsam wachsen.
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