Presse-Echo

 

Kleine Gassen hinterm Deich erkunden

Volksstimme vom 17.09.2020

Warum in die Ferne schweifen? Spannende Orte gibt es auch hierzulande, die einen Ausflug lohnen. Heute: Werben in der Altmark.

Von Ingo Gutsche

Daten & Fakten zu Werben in der Altmark

Das Städtchen Werben ist die drittkleinste Stadt Sachsen-Anhalts und zählt mit seinen rund 1000 Einwohnern zu den 20 kleinsten Orten mit Stadtrecht in Deutschland. Darüber hinaus ist Werben nach eigener Beschreibung die kleinste Hansestadt der Welt.

Im Jahr 1358 wurde Werben Mitglied der Hanse und blieb es bis zum Bierkrieg mit Kurfürst Johann Cicero 1488.

Mit geschichtlicher Sicherheit wird die „Burg Werben“ im Jahre 1005 zum ersten Mal erwähnt. Kaiser Heinrich II. hielt in dem genannten Jahre hier einen Reichstag mit den Wenden ab. Die Verleihung des Stadtrechts (1151) ist Albrecht dem Bären zu verdanken. Er war es auch, der nach einer Pilgerfahrt ins Heilige Land (1160) in der Stadt eine Johanniter-Komturei anlegte. Die Stadt Werben verfügt über die älteste Gründung des Johanniterordens auf norddeutschem Boden.

Werben:

Werner Eifrig liebt die Natur. Und so lässt er bei seiner täglichen Runde durch die Hansestadt Werben den nur wenige Schritte vom Elbtor entfernten Deichabschnitt nicht aus, um den Blick über die Elbwiesen schweifen zu lassen. Er zeigt auf zwei etwa 100 Meter vom Deichkörper entfernte alte Weiden. „Das ist mein Lieblingsmotiv“, sagt Eifrig, der nach seinem Studium nach Werben kam und die Gärtnerei übernahm, die er viele Jahre leitete.

Das Baum-Paar fällt aufgrund seiner Einzigartigkeit auf und würde zu jeder Jahreszeit ein schönes Bild abgeben, erzählt der 72-Jährige. Oft hat Eifrig seinen Fotoapparat im Gepäck, um das Weiden-Duo, mal mystisch wirkend bei dunklen Wolken, mal majestätisch bei Sonnenschein, festzuhalten. Wendet der Betrachter den Kopf um 180 Grad zur anderen Seite, präsentiert sich Werbens Silhouette mit Elbtor und der alles überragenden St.- Johannis-Kirche, die für jeden Tourist, der auf dem durch die Stadt führenden Elberadweg nach Werben gelangt, ein Muss sei. „Seit Juni sind es wieder sehr viele Radler, die unterwegs sind“, kommt der Naturliebhaber oft mit den radelnden Gästen ins Gespräch. Werner Eifrig nimmt mich mit auf einen Rundgang durch das über 1000-jährige Städtchen, das die kleinste Hansestadt der Welt sei.

Fantastische Schätze

Nur einige Meter hinter dem Deich führt eine kleine Gasse zur Salzkirche. Als Kapelle 1313 erbaut, wurde sie später Salzlager und Spritzenhaus. Das Gebäude dient auch als Ausstellungsraum. Vis-à-vis der Salzkirche macht er auf ein Häuschen aufmerksam, auf das an der Promenade 1. „Hier hab ich die ersten Wochen, als ich in Werben ankam, gelebt“, blickt Eifrig zurück. Dass das Haus aus dem Dornröschenschlaf geweckt wurde, freut ihn besonders. Ein Berliner Ehepaar restaurierte es, öffnet es auch zu bestimmten Anlässen. Neben liebevoll sanierten Fachwerkhäusern in der Stadt gebe es auch einige „Baustellen“, wie Eifrig die Immobilien nennt, die auf eine Modernisierung warten. Leerstehende Häuschen, die auch gesichert werden müssten – darum kümmert sich der Arbeitskreis Werbener Altstadt (AWA), in dem er auch im Vorstand tätig ist. Nur einige Meter von der Salzkirche entfernt zeigt der Markt sein Gesicht, auf dem nur wenig Verkehr herrscht. Die Stille vom Deich findet sich auch in der Stadt wieder. Das Rathaus mit seinem zweiseitigen Treppenaufgang ist oftmals Anlaufpunkt der „Touris“, die sich nach den Sehenswürdigkeiten oder nach Pensionen erkundigen würden.

Werner Eifrig zieht es auf den Kirchplatz. Dort, wo einige Räder der Besucher stehen. Ein Großteil nimmt St. Johannis in Augenschein, und andere stärken sich im Café Lämpel, das im Biedermeierstil eingerichtet wurde. Die Biedermeier-Zeit spiele für das Städtchen eine bedeutende Rolle. Seit 2004 finden Christmärkte auf dem Areal an der Kirche statt, ohne Strom, mit viel Liebe zum Detail. Der Biedermeier-Sommer wurde zwei Jahre später eingeführt, beide Märkte sind Publikumsmagneten. Das Café Lämpel ist ein Projekt des Arbeitskreises Werbener Altstadt, das nur mit viel Engagement der Akteure zu meistern sei. Die Einrichtung befindet sich in der 300 Jahre Alten Schule, die bereits mehrere Sanierungsetappen hinter sich hat. Werner Eifrig packt stets fest mit an, streicht Wände und hilft bei anderen diversen Arbeiten, so dass Cafe-Chefin Irmgard Gellerich bezogen auf das Gebäude zu ihm sagt: „Das ist doch dein Baby.“

47 Meter hoher Turm

Die Kirche gegenüber der Alten Schule beeindruckt den gebürtigen Sachsen immer noch. „Die Größe und die in ihr zu sehenden Kunstschätze sind einfach fantastisch.“ Der 47 Meter hohe Backsteinturm ist von weitem sichtbar. Aber das Gotteshaus, das seinen Ursprung im 12. Jahrhundert hat – überwiegend stamme der Bau aus der gotischen Zeit –, ist nicht nur von außen imposant, im Innern können die Gäste vieler Reichtümer in Augenschein nehmen. Eifrig kennt sich mit der Geschichte von St. Johannis gut aus, da er schon sehr oft die Offene Kirche als Ehrenamtlicher unterstützte, Besucher in der Kirche begrüßte und deren Fragen beantwortete. Ob die mittelalterlichen Glasmalereien, der um 1430 entstandene Schnitzaltar, der Dreifaltigskeitsalter von 1500, das vom Hamburger Rotgießer Hermen Bonstede geschaffene Taufbecken, der 2,90 Meter hohe fünfarmige Standleuchter und viele andere Kunstschätze können entdeckt werden. Die hochgotische Backsteinkirche St. Johannis repräsentiere die nord­deut­sche und insbesondere die altmärkische Bau­tradition.

Ältester Profanbau

Auf der Nordseite der Kirche verweist Werner Eifrig auf ein großen, aus mehreren Gebäuden bestehenden Komplex: Das frühere Komturei-Gelände, die sogenannte Domäne, hat eine sehr lange Geschichte. Die Stadt verfügt über die älteste Gründung des Johanniterordens auf norddeutschem Boden. Und ist deshalb für die Provinzialsächsische Genossenschaft des Johanniterordens von großer Bedeutung. Das auf diesem Areal rechts stehende Backsteingebäude wird aktuell saniert. Es ist das Romanische Haus. Das vom Johanniterorden errichtete Gebäude sei nicht nur der älteste Profanbau im Elbstädtchen, sondern auch in Norddeutschland. „Nach Untersuchungen soll es nicht, wie zunächst angenommen, als Kapelle genutzt worden sein, sondern als Aufbewahrungsort für Schätze, Urkunden und als Rückzugsort für die Ordensleute bei Gefahr. Es wird nun denkmalgerecht saniert“, erzählt Eifrig.

Vom Kirchplatz biegen wir in die Straße „Schadewachten“ ein, in der sich ebenfalls einige liebevoll restaurierte Fachwerkhäuschen befinden. Der Berliner Jochen Großmann konnte vom Kauf überzeugt werden. Auch da hatte Werner Eifrig seine Hände im Spiel, um es etwas salopp auszudrücken. Großmann fühlt sich in Werben wohl. „Er bereichert auch unsere Stadt“, betont Eifrig. Der Professor für Gesang an der Universität der Künste in Berlin leitet die Geschicke des Gemischten Chores an der Elbe.

Der Deich und die Elbe wirken wie ein Magnet. Werner Eifrig zieht‘s wieder dorthin. Dieses Mal nimmt er das Rad, um eine größere Runde zu drehen. Über den malerisch gelegenen Ortsteil Räbel. Auch dort trifft er auf viele Radlerinnen und Radler …


 

AWA-Projekte sorgen für Bewunderung

Vorsitzender Jochen Hufschmidt zieht ein positives Fazit 2019 und dankt den ehrenamtlichen Mitstreitern

Aus Volksstimme vom 04.01.2020 von Ingo Gutsche

Ein „überaus arbeitsintensives und erfolgreiches Jahr“ liegt hinter den Akteuren des Arbeitskreises Werbener Altstadt (AWA). Die Mitglieder um Vorsitzenden Jochen Hufschmidt konnten wieder einiges auf die Beine stellen und werden auch in diesem Jahr hohe Ziele anpeilen. Beide Biedermeier-Märkte verliefen nach den Wünschen des AWA. Und was noch eine größere Herausforderung darstellte: Die Bewirtschaftung des ehrenamtlich geführten Café Lämpel war ein wahrer Volltreffer und ein Gewinn für die Hansestadt und die Touristen. „Auch wenn unsere Bilanz erst durch die Mitgliederversammlung gezogen wird, lässt sich schon jetzt Positives feststellen: Mit der Restaurierung und Revitalisierung der Alten Schule haben wir eine große und herausfordernde Aufgabe übernommen“, ist Jochen Hufschmidt stolz auf das von Mitgliedern des AWA Geleistete in Bezug auf die gegenüber St. Johannis liegende Alte Schule, die mit Leben erfüllt wurde. Zu Pfingsten eröffnet, entwickelte sich das Café Lämpel bis zur Winterpause Ende September zu einem Treffpunkt für Einwohner und Gäste. „Die erste Saison war unerwartet erfolgreich“, bilanziert Hufschmidt. Das würden einerseits die Gästezahlen, andererseits die großzügigen Spenden belegen. Und vor allem aber: Die Rückmeldungen der begeisterten Besucher! „Wir haben den Nachweis antreten wollen, dass es sich lohnt“, sagt der AWA-Chef. Das ist geschehen, nun soll der zweite Schritt erfolgen: Da der Aufwand für die Ehrenamtlichen hoch ist, möchte der Verein eine Person anstellen, die hilft, das Biedermeier-Café in den nächsten Jahren zu etablieren. „Wir sind bereits in Gesprächen mit Interessenten“, verriet Hufschmidt, der sich nochmal bei allen bedanken möchte, die das ambitionierte Projekt unterstützten. Er erinnerte zudem an die großzügigen Fördermittel, die für die ersten Bauabschnitte bereitgestellt wurden.  Im Umkehrschluss bedeuten Fördergelder die für den Verein sehr anspruchsvolle Aufgabe, die Eigenmittel dafür zu stemmen. Die ehrenamtlichen Kräfte unter der Leitung von Irmgard Gellerich leisteten ganze Arbeit, standen zig Stunden hinter dem Tresen und bereiteten zudem die viel gelobten Kuchen und Torten zu. „Dass dies alles ehrenamtlich geschieht, findet Anerkennung und Bewunderung.“ Die geschmackvolle Gestaltung der Räume und die Einrichtung des Cafés leisteten ihr übriges und trugen zur positiven Bilanz bei. Am 1. Mai soll die Einrichtung, wieder als Vereinscafé geöffnet werden. Bis dahin wird sich noch einiges verändern, vor allem an der Nordfassade des geschichtsträchtigen Hauses, das 1724 bis 1726 erbaut wurde. „Der Zimmermann ist gerade dabei, die Balken auszuwählen“, gibt Hufschmidt den aktuellen Stand an. Zuvor leisteten AWA-Mitglieder wieder einige Stunden ehrenamtliche Arbeit, um sich beispielsweise den Gefachen zu widmen. Auch die Herrichtung eines weiteren Raumes steht bei den Mitgliedern des Arbeitskreises Werbener Altstadt auf der Agenda, er soll speziell den jüngeren Gästen zugutekommen. Verglichen mit diesem Projekt sind die beiden Biedermeiermärkte und der Tag des offenen Denkmals für die Organisatoren des AWA schon fast Routine. „Aber eine große und herausfordernde Aufgabe stellen diese Veranstaltungen doch jedes Jahr wieder dar. Insbesondere die Märkte bedeuten für alle beteiligten Mitglieder und Freunde des Vereins einen enormen Arbeitseinsatz“, weiß Jochen Hufschmidt. Beide Märkte, im Sommer und zur Weihnachtszeit, waren auch in diesem Jahr wieder sehr erfolgreich. Trotz Wetter-Eskapaden lockte der Biedermeier-Christmarkt abermals viele Menschen nach Werben. „In diesem Jahr wurde von vielen Besuchern neben dem umfangreichen Programm mit den Konzerten in der Johanniskirche als Höhepunkt die Qualität der Angebote der Händler hervorgehoben“, blickt Hufschmidt auf das Ereignis am dritten Adventswochenende zurück. Auch die AWA-Stände mit ihren gastronomischen Angeboten trugen mit zum Erfolg des Marktes bei. Alle Gewinne an diesen Ständen, die Spenden der Besucher an die Stadtwachen sowie die Spenden einzelner Händler und der Betreiber der Außenstellen des Marktes kommen ausschließlich dem Denkmalschutz zugute – in diesem Jahr der weiteren Sanierung der Alten Schule. Mittel- bis längerfristig soll das Gebäude als „Multifunktionshaus“ ausgebaut und genutzt werden. Mit dem Café als Herzstück. „Der Denkmalschutz in der Werbener Altstadt, für den wir auch am Tag des offenen Denkmals mit einem großen Programm Werbung betreiben konnten, bleibt die Hauptaufgabe des Vereins“, stellt der Vorsitzende unmissverständlich klar. Diesem Ziel dienten alle Aktivitäten: die Restaurierung der bald 300 Jahre alten Schule, die Sicherungsmaßnahmen an alten Gebäuden, die Beratung bei der Vermittlung leer stehender Häuser und auch die vielfältigen kulturellen Angebote.


 

Marode Scheune wird zur Zerreißprobe

Eine marode, denkmalgeschützte Scheune in Werben ist für Eigner Christian Apelt zur Zerreißprobe geworden. Am Ende stand der Abriss.

Von Karina Hoppe, Volksstimme vom 10.02.2018

Erzählt wird viel. Zum Beispiel, dass Christian Apelt die um 1800 erbaute Scheune an der Straße „Am Wehl“ von vornherein beziehungsweise generell nur abreißen wollte. „Das ist schlichtweg falsch“, so der 30-Jährige, der aus Werben stammt. Und von Hannover, wo er seit 14 Jahren lebt und als Fluggerätemechaniker arbeitet, wieder gerne dorthin zurückkehren möchte. Deswegen kaufte er besagtes Grundstück samt alter Scheune im Mai vergangenen Jahres. Dass das Gebäude, das sich außerhalb des Altstadtkerns befindet, ein Einzeldenkmal ist, habe Apelt da noch nicht gewusst. „Mein Ansinnen bestand darin, das Gebäude als Wohn-/Kultur-/Caféscheune umzubauen, um mir und meiner Familie in Zukunft Arbeits- und Wohnmöglichkeiten zu schaffen“, so Apelt, der den Werdegang des ganzen Dilemmas auf vier Din-A-4-Seiten niedergeschrieben hat. „Fakt ist, dass ich von Anfang an für alle sinnvollen Möglichkeiten zum Erhalt einer straßenbildprägenden Fassage offen war.“

Biberschwänze waren schon besorgt

Aus diesem Grunde hatte Apelt unmittelbar nach Kauf eine Baugenehmigung für die Umnutzung des Gebäudes gestellt und alle damit zusammenhängenden Maßnahmen bei verschiedenen Behörden und Verbänden angeschoben. Zudem besorgte er sich historische Baumaterialien, insbesondere Hänger voll Biberschwanzdachziegel für eine denkmalgerechte Deckung des Daches.

Nach Unterzeichnung des Kaufvertrages ereilte Apelt aber auch die Aufforderung des Landkreises, sofort und unverzüglich ein Sicherheitskonzept erstellen zu lassen. Im Sommer 2017 kam die zusätzliche Auflage, aus Sicherheitsgründen einen Zwei-Meter-Bereich entlang des der Straße zugewandten Giebels abzusperren. Später erweiterte der Kreis seine Auflage zu einer kompletten Straßensperrung.

Apelts Architekt erarbeitete statt eines Sicherungs- gleich ein Sanierungskonzept, „da eine Sicherung einer Sanierung gleich gekommen wäre“. Es habe sich nämlich gezeigt, dass weit mehr als 60 Prozent des Gebäudes desolat sind und ausgetauscht werden müssten. Das Gutachten eines – staatlich geprüften – Statikers hätte ergeben, „dass aufgrund der massiv geschädigten Kubatur, der fehlenden Fundamente, der gebrochenen Holzverbindungen und verfaulten beziehungsweise nicht mehr existenten Schwellbalken in allen Bereichen des Gebäudes jederzeit mit dem Niedergang der Scheune zu rechnen ist“. Die Sanierung war mit rund 250 000 Euro veranschlagt. Aber selbst danach hätte Apelt immer noch nicht in dem Gebäude wohnen können, es hätte dann noch nicht einmal als Lager, Museum oder Herberge genutzt werden können. Weil dies für Apelt wirtschaftlich nicht tragbar war, beantragte er im September 2017 die Abrissgenehmigung. Und erhielt sie nach Hin- und Her.

Landkreis bestätigt Einvernehmlichkeit

So bestätigt auch der Landkreis: „Der Abriss erfolgte einvernehmlich. Im Vorfeld wurde auf der Basis des vorliegenden Sicherungskonzeptes und eines darauf aufbauenden Kostenvoranschlages zur Durchführung der Notsicherung ein Abstimmungsgespräch mit der oberen Denkmalschutzbehörde zum weiteren Verfahrensweg durchgeführt. Dabei ging es auch um den eventuellen Einsatz von Fördermitteln zur Durchführung der Notsicherung. Im Ergebnis dessen wurde die Strategie der Sicherung verworfen und das Gebäude zum Abriss freigegeben.“

Abgesehen davon, dass Apelt die Scheune selbst gerne behalten hätte, muss er eine trübe Rechnung aufmachen: Für Gutachten, Konzeptionierungen, Notsicherungen, Absperrungen, Anwalts- und Gerichtkosten und Eigenleistungen (ohne Kaufpreis) hatte er für seinen Traum von der Rückkehr nach Werben bisher knapp 30 000 Euro an Kosten. Sein Erspartes, das er sich über Jahre in Hannover für den Neuanfang in der Heimat zurückgelegt hatte, ist dahin. Abgesehen davon, dass Apelt in Folge des Stresses eine Gürtelrose heimsuchte und seine Freunde ihn gerne wieder lachen sehen würden.

Am Ende bleiben für Apelt viele Fragen offen: Warum gab es nicht schon in den letzten 20 Jahren Sicherungsmaßnahmen an dem Gebäude? Selbst, als die Straße Am Wehl mit schwerem Gerät saniert wurde, seien am Gebäude keinerlei Sicherungsmaßnahmen durchgeführt worden. „Auch im Nachhinein erfolgte keine Straßensperrung!“ Apelt hinterfragt den behördlichen Aktionismus gegenüber seiner Person, fühlte sich „massiv unter Druck gesetzt“. Geholfen hätten ihm nur seine Freunde und die Familie. „Von Behörden wurde ich mit Füßen getreten, hier will niemand, dass man zurückkehrt.“

AWA sieht Versagen der Behörden

Derweil zeigt sich der AWA, der sich seit Jahren ehrenamtlich für den Erhalt der Werbener Altstadt einsetzt, entsetzt über den Abriss. Er richtet sich mit Schreiben an die zuständigen Behörden und formuliert unter anderem: „Wir sind der festen Überzeugung: Wenn es ein ernsthaftes Interesse am Erhalt eines Baudenkmals gibt, ist dessen Erhaltung auch möglich! Dafür müssen alle Beteiligten aber rechtzeitig und gezielt zusammenarbeiten.“ Stadt, Landesverwaltungsamt und Denkmalbehörden hätten den Abriss verhindern können, sind sie sich sicher – „leider zeigte keiner ernsthaftes Interesse an der Erhaltung“.

Apelt will trotzdem nach Werben zurückkehren. Einen Neubau mit historischem Material wagen. Ein Gebäude, das in die Straße passt. „Wenn mir die Behörden keine Steine in den Weg legen.“


 

Der Werbener Stadtrat hat seine Präferenz festgelegt: Am Romanischen Haus Werben soll die gotische Sanierungsvariante realisiert werden.

Von Karina Hoppe, Volksstimme vom 14.01.2016

Kirchplatz_Domaene-015Es mag verwirren. Der Stadtrat Werben will ein Romanisches Haus „gotisch sanieren“. Tatsächlich würde er dadurch aber mehrere Fliegen mit einer Klappe schlagen. Denn die gotische Sanierungsvariante „konserviert“ gleichzeitig den romanischen Endzustand mit am besten. Das trug am Dienstagabend Architekt Wolfram Bleis dem Werbener Stadtrat vor – und erntete, wenn die Ratsmitglieder auch lange auf diesen Vortrag warteten, tischklopfende Zustimmung dafür.
Gotische Sanierung bedeutet nach außen sichtbar vor allem, dass die gotischen Giebel, die derzeit über das Dach hinausragen, wieder mit einem neuen Dach abschließen. Dafür muss das jetzige Dach samt Dachstuhl zunächst komplett abgetragen werden. Das wäre bei der romanischen Sanierungsvariante oder bei Variante eins, die den jetzigen Ist-Stand sichern würde, auch der Fall. Auch da würden die Balken etc… begutachtet und entweder für die weitere Verwendung behandelt oder als nicht mehr brauchbar eingestuft – der Unterschied liegt im Wiederaufbau.
Bei der gotischen Sanierungsvariante wird der jetzige Dachstuhl wieder aufgebaut und dann ein neuer Dachstuhl samt Eindeckung darüber gesetzt, sodass die Giebel mit dem Dach abschließen. Der alte Dachstuhl mit all seinen Befunden könnte dadurch „gut verpackt“ erhalten bleiben.
Durch diese Sanierungsvarianten würden, so erklärte Bleis den Stadtratsmitgliedern, am meisten Befunde sichergestellt. Spuren also, die bestimmte Rückschlüsse zur Bauhistorie und Nutzung des Gebäudes zulassen. Darüber hinaus würde damit ein häufig leidliches Thema – die Frage nach einer Dachrinne – gleich elegant gelöst. Das gotische Dach hätte an der Traufe einen Überstand von 50 bis 70 Zentimetern, „dann ließe sich auf eine Dachrinne verzichten“. Teilen des Stadtrates war es wichtig, dass der Beschluss keine definitive Festlegung ist, sondern eher die Festlegung einer Präferenz, da bisher das Landesdenkmalamt nicht involviert war. Mit dieser Präferenz geht Architekt Carsten Sußmann, der auf der Sitzung auch anwesend war, nun zur Denkmalpflege, um zu sondieren, ob die Variante grundsätzlich befürwortet wird, wobei Architekt Bleis da zuversichtlich ist – weil so viele Befunde gesichert werden.
Der Stadtrat ist auch weiter gekommen, was die spätere Nutzung des Romanischen Hauses betrifft. Er fasste einen Protokollbeschluss darüber, dass quasi unverzüglich alle Anstrengungen unternommen werden, um einen wissenschaftlichen Beirat zu gründen. Das war so eigentlich nicht angedacht, sei aber nach jetzigen Erkenntnissen eigentlich gar nicht anders machbar, sagte Bürgermeister Jochen Hufschmidt. Für die Provinzial-Sächsische Genossenschaft des Johanniterordens allein sei das Romanische Haus „eine Nummer zu groß“, weitere Ebenen des Johanniterordens müssten mit einbezogen werden, nicht zuletzt auch, weil die versprochene finanzielle Unterstützung nicht allein von der Provinzial-Sächsische Genossenschaft kommt. Darüberhinaus müssten das Land und die Obere Denkmalbehörde mit ins Boot geholt werden.
Wie bedeutend der laut Hufschmidt mindestens Sachsen-Anhalt weit älteste Profanbau ist, habe sich erst nach und nach gezeigt. Der Johanniterorden habe aus der besagten Zeit keine „weiteren baulichen Hinterlassenschaften“, die seine Tätigkeit belegen. Unterm Strich spricht der Bürgermeister von einer „nationalen Bedeutung“ des Gebäudes. Es soll kein Museum daraus werden, eher ein Gebäude, das zugänglich ist und sowohl Aufschlüsse über die Ordensgeschichte der Johanniter gibt als auch Einblicke in eine ganz besondere Bauhistorie.
Inwieweit das angrenzende Gelände abgesenkt, das Romanische Haus also weiter freigelegt wird, muss noch entschieden werden. Auf jeden Fall seien archäologische Grabungen durchzuführen. Jochen Hufschmidt machte ob der großen Bedeutung des Gebäudes und auch aus Kostengründen den Vorschlag, dem Land das Objekt für eine Lehrgrabung vorzuschlagen. Wolfram Bleis vermutet mindestens zwei Brunnen in unmittelbarer Umgebung des Gebäudes. „Das sind ja immer Schatzkisten für Archäologen.“
Zunächst aber, damit durch die Witterung nicht unaufhörlich weitere Befunde verloren gehen, muss das Dach in Angriff genommen werden. 100000 Euro aus dem Topf Städtebaumittel hängen für Sanierungsmaßnahmen am Romanischen Haus schon länger in der Warteschleife. Es zeichnet sich ab, dass sie nicht reichen werden.


 

Bürgermeister Jochen Hufschmidt über ein kritisches Bürgerschreiben und das Fremdsein in der Stadt Werben.

Von Karina Hoppe, Volksstimme vom 11.09.2015

 Volksstimme: Herr Hufschmidt, Sie sind Bürgermeister einer Stadt, deren Altstadt unter Denkmalschutz steht. Was macht es mit Ihnen, wenn Bürger dafür unterschreiben, dass „Wildfremde“ und Gutverdiener keine Fördergelder erhalten sollten? Viele Häuser wurden ja gerade von Zugezogenen saniert.

Hufschmidt: Das macht mich nachdenklich, aber ich bin weit davon entfernt, empört zu sein. Ich frage mich, wie die Frau dazu kommt, so etwas zu schreiben. Ich muss davon ausgehen, dass sie nicht weiß, wie die Städtebaumittel vergeben werden. Was wir wollen, kommt bei einem Teil von Leuten offenbar nicht an. Trotz Informationsveranstaltungen.

Wie haben Sie auf das Schreiben, das Petition genannt wird, reagiert?

Ich habe der Frau einen langen Brief geschrieben. Darin steht, wie die Förderung aus Mitteln des Städtebaulichen Denkmalschutzes funktioniert. Dass Werben weitgehend erhaltene historische Altstadt als besonderes nationales Erbe betrachtet und deswegen mit großen Fördermitteln bedacht wird. Dass bereits viele öffentliche Straßen und Plätze von dem Geld saniert werden konnten, aber auch private Gebäude. Und natürlich auch welche von Neuwerbenern.

Das stößt offenbar in Teilen der Bevölkerung auf Kritik.

Es sind bereits viele Werbener, auch Alteingesessene, in den Genuss einer Förderung gekommen. Darunter übrigens auch welche, die den Brief unterschrieben haben. Wir sind ja froh über jeden Bürger, der Geld in die Hand nimmt, denn das muss er ja, trotz Förderung.

Die Summe, die der Eigentümer der Promenade 1 zur Sanierung eines Fachwerkgebäudes an der Salzkirche erhält, ist einigen Bürgern wohl zu hoch: 120000 Euro.

Wenn es sich um ein Haus handelt, das baufällig und von besonderer Bedeutung für das Stadtbild ist, kann der Stadtrat eine Sanierung bis zu maximal 40 Prozent fördern. Im Falle der Promenade 1 sind es 30 Prozent der Gesamtkosten. Die restlichen 70 Prozent trägt der Eigentümer. Und darüber können wir einfach nur dankbar sein, am Haus ist Zeit im Verzug. Es ist baufällig. Die Entscheidung des Stadtrates für die Förderung fiel allerdings knapp aus.

Der Arbeitskreis Werbener Altstadt (AWA), die Biedermeiermärkte… vieles, was Werben vorangetrieben hat und weiter vorantreibt, geht auf Anstöße von den so genannten Zugezogenen zurück. Trotzdem fremdeln viele Bewohner.

Ich empfinde das häufig als ungerecht und unfair. Wenn wir bei der Promenade 1 bleiben: Dr. Zeilinger bringt sich hier ein, hat vor drei Jahren sogar in der Salzkirche geheiratet. Er ist im AWA, hält Vorträge, fühlt sich wegen der Johanniter mit der Stadt verbunden. Wenn ich dann solchen Menschen gegenüber eine Antipathie verspüre, bin ich emotional betroffen. Ohne die Menschen, die nach der Wende Werben für sich entdeckt haben, sähe es hier schlecht aus. Es brauchte diese Impulse. Hätten wir noch einen NP, wenn am Wochenende nicht der Ansturm der zugezogenen Hamburger und Berliner wäre? Ich bezweifle das.

Besteht die Kluft zwischen Ost und West?

Nein, eher nicht. Viele Zugezogene – etliche haben hier einen Zweitwohnsitz – kommen auch aus dem ehemaligen Osten. Im Übrigen erfahre ich in dieser Sache immer viel Interessantes, wenn ich als Bürgermeister bei Goldenen Hochzeiten oder anderen Festen zugegen bin. Biografien finde ich spannend. Was meinen sie, wie viele Werbener nach dem Krieg selbst Zugezogene waren?! Jeder ist irgendwann hierher gekommen. Aber dass es eine gewisse Skepsis gegenüber dem Neuen gibt, ist ja auch menschlich. Davon ab, darf man nicht vergessen, dass die Wende für viele einen extremen Bruch bedeutete. Ich höre öfters Geschichten über die alte „Brille“ oder die Genossenschaft. Das gibt es alles nicht mehr und das hängt vielen auch nach.

Warum haben Sie den Stadtrat nicht über den Brief informiert?

Der Brief war an mich als Bürgermeister gerichtet, ich gehe nicht mit allem sofort an die Öffentlichkeit. Ich wollte den Brief zunächst beantworten, was ich getan habe. Ich wollte ihn außerdem auch erst allen Unterzeichnern zukommen lassen, aber sie haben ihre Adressen nicht notiert. Wir sind gerade dabei, sie zu ermitteln.

Sie sind jetzt fast zwei Jahre Bürgermeister der Hansestadt Werben. Macht Ihnen die Arbeit noch Spaß?

Ich mache sie unheimlich gerne. Das einzige, was mir keine Freude bereitet, sind die Stadtratssitzungen. Dieser ruppige, respektlose Tonfall, auch Gästen gegenüber, diese ständigen Angriffe gegenüber meiner Person machen mich wirklich betroffen. Da muss sich was ändern, das werde ich mir in dieser Form nicht weitere fünf Jahre antun.


 

Arbeitsgruppe Städtebau erstellt Liste, scheut aber eindeutige Priorisierung / Awa denkt über Konsequenzen nach
Städtebaumittel werden zur Zerreißprobe

(Von Karina Hoppe, Volksstimme vom 15.05.2015)

Die Vergabe der Städtebaumittel wird zur Zerreißprobe. Die Meinungen gehen stark auseinander und der Ton ist scharf. Wenn der Förderantrag des Arbeitskreises Werbener Altstadt (Awa) nicht durchkommt, denkt dieser über Konsequenzen nach – „weil die Arbeit dann sinnlos wird“.

Werner Eifrig möchte keine Drohkulisse aufbauen. Der erste Vorsitzende des Awa verhehlt aber nicht, „dass es Auswirkungen geben wird“, wenn der Stadtrat die vom Verein beantragten Gelder nicht genehmigt. „Dann müssen wir unsere ehrenamtliche Arbeit überdenken, dann sehen wir keinen Sinn mehr darin.“
Der Verein möchte den Westgiebel der alten Schule sanieren lassen – laut Mitgliederbeschluss in der Fachwerkvariante über etwa 80000 Euro. Alles andere mache auf Dauer keinen Sinn. Der Westgiebel ist eine Innenwand, das angrenzende Haus steht nicht mehr. Die Zeit hat ihre Spuren hinterlassen und das werde sie wieder, wenn „nur gespachtelt“ wird. Etwas mehr als Spachteln wäre es schon in der günstigeren Variante über 30000 Euro. Aber sie wäre eben längst nicht so nachhaltig wie ein Fachwerk, habe der Awa sich beraten lassen. „Ein Fachwerk gibt dem Haus auch noch Stabilität“, so der erste Vorsitzende. Deswegen votierten die Awa-Mitglieder für die umfangreichere Sanierung. Sie haben viel vor mit dem Haus, es soll Vereinsheim sein, vor allem auch weiterhin der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden.
Aber kommt das Geld dafür? In diesem Punkte hatte sich der Awa, der den Eigenanteil selbst beisteuern kann, am Dienstagabend einen Vorab-Entscheid erhofft. Die Arbeitsgruppe Städtebau, der Ratsmitglieder und interessierte Bürger angehören, wollte eine Priorisierung vornehmen, um sie dann dem Stadtrat als Beschlussvorlage zu unterbreiten. Dieser sah sich in seiner letzten Sitzung noch nicht in der Lage, darüber zu entscheiden. Was ihm nun in seiner nächsten Sitzung vorgelegt wird, ist vielleicht eher Aufzählung als priorisierende Liste. „Aber es wird uns als Grundlage dienen“, sagt Bürgermeister Jochen Hufschmidt.
Drei Projekte sind als Überhang aus dem letzten Jahr auf das von Elisabeth Gellerich vorbereitete Papier gerutscht: Das betrifft auf dem Komtureigelände Maßnahmen am romanischen Haus und an den Häusern Nummer 5 und 7 sowie eine Maßnahme am Haus in der Fabianstraße 26. Mit dabei ist auch die Sanierung des Rathausdaches, das beschriebene Awa-Vorhaben, eine Dachsicherung in der Marktstraße 5 und 6, das Eckhaus Promenade1 und auf Anregung des Werbeners Christoph Schorlemmer das alte Stück Stadtmauer in der Schadewachten, das in irgendeiner Form „angegangen“ werden sollte.
Dass nicht alle Stadtratsmitglieder diese Liste unterschreiben werden, kündigte sich am Dienstag bereits an. So plädierte Wolfgang Trösken dafür, das Geld vornehmlich in die Infrastruktur und in kommunale Gebäude zu stecken – nicht in private. Er betonte, dass die Gelder nur in diesem und im nächsten Jahr ganz sicher fließen. Weitere sind allerdings beantragt. Nach Tröskens Haltung kämen zum Beispiel das Awa-Projekt und die Promenade 1 nicht in die Förderung. Für letzteres Fachwerkgebäude an der Salzkirche plädierten neben Werner Eifrig auch Bernd Dombrowski und Jochen Hufschmidt. „Niemand wird privat für dieses Haus wieder so viel Geld in die Hand nehmen“, so Hufschmidt. Es sei nicht nur städtebaulich sehr wichtig, sondern der Eigentümer möchte darin auch ein Museum über die „Johanniter weltweit“ einrichten. Abgesehen davon wurden schon viele private Projekte aus dem Städtebau-Topf mitfinanziert. Claudia Richter-Pomp betonte, dass das Awa-Vorhaben der Gemeinheit nütze. „Es ist für die Stadtentwicklung wichtig.“
Werner Eifrig hat noch kein gutes Gefühl. Denn am Ende entscheidet der Stadtrat und dort spüre der Awa im Moment Gegenwind, „obwohl wir uns so für die Stadt einsetzen“. Die Entscheidung müsse aber jetzt fallen, sonst gerate auch die Planung des Vereins in Gefahr. Der Awa wolle jetzt endlich wissen, woran er ist. Die nächste Stadtratssitzung ist am Dienstag, 2. Juni, um 19 Uhr.

 

Stadtkern mit Astro-Komponente?

Auf eine Reise zurück in die Zeit der Romanik begaben sich am Sonnabend zahlreiche Zuhörer im Werbener Pfarrhaus. Hans-Peter Bodenstein ließ in einem Powerpointvortrag die St. Johanniskirche Werben in ihrer ursprünglichen Form wieder auferstehen. Klaus Kirstein, Vorsitzender des Vereins zur Erhaltung kirchlicher Baudenkmäler im Kirchspiel Werben, begrüßte die Zuhörer im Pfarrhaus und zeigte sich erfreut, dass er den Romanikexperten Hans-Peter Bodenstein als Referenten gewinnen konnte.

PresseechoDer Seehäuser Bodenstein, Hauptinitiator des Projekts „Nebenstraßen der Romanik“ (www.ndrom.de), hat wie kaum jemand sonst die mathematischen und geometrischen Regeln der romanischen Baukunst erforscht. Er ist davon überzeugt, dass die Gotteshäuser stets nach Maßen errichtet wurden, denen ganz auserwählte Zahlen, Zahlenverhältnisse und damit auch geometrische Regeln zugrunde liegen – Ziffern, die für die Baumeister von oft religiöser, ja heiliger Bedeutung waren. Als Beispiele nannte er die Zahlen 6 und 7.
Entsprechende Regeln, so Bodenstein, lassen sich an fast allen kleinen und großen romanischen Kirchen noch heute ablesen. Leider gebe es aus der Bauzeit der Gotteshäuser so gut wie keine Dokumente. Solche Aufzeichnungen seien damals nicht üblich gewesen.
Trotzdem können sich bei Vorhandensein von einigen wichtigen Grundmaßen Gebäude heute wieder rechnerisch und virtuell rekonstruieren lassen – selbst dort, wo die ursprünglich romanischen Gotteshäuser in späterer Zeit umgebaut wurden. Das tat der Seehäuser nun auch mit der Johanniskirche Werben. Mehr noch. Bodenstein ist davon überzeugt, dass sogar die Anlage der Stadt im Mittelalter nach diesen Zahlen und Maßen erfolgt sei. Wie der studierte Mathematiker erläuterte, dienen ihm für seine Rekonstruktionen vor allem dendrochronologische Daten von Ulf Frommhagen sowie eigene Messungen an Objekten als Grundlage.
Presseecho.jpg2Die Werbener Johanniskirche ist heute bekanntlich eine gotische Hallenkirche. „So ziemlich das einzige noch vorhandene Romanische des Gotteshauses ist der untere Teil des Turms“, so der Referent. Nicht schlecht staunten die Zuschauer, als Bodenstein zuerst ein Foto der heutigen Johanniskirche auf die Leinwand projizierte und danach eine Fotomontage, die zeigte, wie die Kirche vor etwa 800 Jahren, zur Zeit der Johanniter, ausgesehen haben dürfte. Markanteste Unterschiede: der niedrigere Turm und die kleineren Fenster.
Ausgangspunkt für Bodensteins virtuelle Rekonstruktion bildete der Grundriss des Glockenturms, dessen Rechteck einen klaren „goldenen Schnitt“ aufweise, ein Seitenverhältnis von 5 zu 8. Zur Zeit der Romanik sei mit dem Längenmaß Fuß oder Hand gemessen worden. Das Glockenturmrechteck der Werbener Kirche weise das Maß von 30 mal 48 Fuß auf. Weitere Anhaltspunkte zeigten, dass sich an den Turm ein Schiff mit sechs Arkadenbögen angliederte. Die Zahl 6, so Bodenstein, tauche in zahlreichen anderen Maßen des ursprünglichen Gebäudes immer wieder auf. Aber auch einige andere Zahlen. Wie bei den meisten anderen romanischen Kirchen dieser Zeit üblich, errichteten auch die von Markgraf Albrecht dem Bären beauftragten Kirchenbauer eine dreischiffige Basilika.
Diese sei so gut wie fertig gewesen, als die Johanniter um 1160 aus Jerusalem nach Werben kamen. Die Grundsteinlegung dürfte um 1150 erfolgt sein. Bodenstein nannte viele weitere Maße, Zahlen und geometrische Sachverhalte, auf denen seine Rekonstruktion beruht. Auch den Triumpfbogen und die Apsis ließ er nicht aus. Der Referent zog Vergleiche mit anderen Gotteshäusern der Region, die etwa zur gleichen Zeit entstanden – zum Beispiel die in Beuster, Sandau und oder auch Seehausen.
Noch mehr als mit seinen Erkenntnissen und Vermutungen rund um die Johanniskirche versetzte der Seehäuser die Zuhörer mit seinen weiteren Schlussfolgerungen in Erstaunen. Bodenstein zeigte sich davon überzeugt, dass jene Maße, die für die Errichtung der Kirche Anwendung fanden, auch in die Anlage der Stadt Werben eingeflossen seien. Das machte er unter anderem am Abstand und der Ausrichtung sowie den Grundmaßen des Romanischen Hauses fest – dem vermutlich zweiten massiven Gebäude Werbens. Die Heiliggeistkirche liege genau auf einer parallel verlaufenden Achse des romanischen Hauses. Diesem Maßschema ebenso perfekt seien das Elbtor, das Seehäuser Tor und der Marktplatz angeordnet. Basierend auf einem Luftbild, versah Bodenstein den Werbener Stadtkern mit zwei Kreisen, an deren Ausmaßen sich ursprüngliche Besiedlungen noch heute erkennen ließen. Über diese beiden Kreise zog der Redner wiederum ein Rechteck, das zum Erstaunen des Publikums wieder den goldenen Schnitt aufweist.
Damit nicht genug. „Die Hauptachse der gesamten Anlage“, so Bodenstein, „zeigt genau auf den Sonnenaufgang, der sich damals am 6. August ereignete. Der 6. August ist in der katholischen Kirche der Tag der Verklärung des Herrn, „An einem 6. August wurde Jesus Christus vor seinen Jüngern in Jerusalem mit einem überirdischen Licht verklärt. Die Johanniter kamen aus Jerusalem nach Werben. Und die Achse der Stadtanlage Werbens zeigt genau nach Jerusalem.“

(Aus Volksstimme vom 23.02.2015, von Andreas Puls)

 

Einblick in die „gute Stube“ der Handwerker

Fabianstr.26-006

Die Mitglieder des Arbeitskreises  Werbener Altstadt (AWA) haben    sich den Erhalt historisch            wertvoller Gebäude der    Hansestadt auf die Fahnen    geschrieben. Besonderes  Augenmerk gilt dem Haus  Fabianstraße 26, das seit langem  leer steht und eines der ältesten Gebäude in Werben ist.
Das historische Handwerkerhaus ist städtisches Eigentum, das im Engagement des AWA restauriert werden soll. Entstehen soll ein schlichtes Fachwerkhaus, das als Museum dient und den Besuchern zeigen soll, wie in früherer Zeit Menschen in Werben gelebt haben.

„Wir werden das Haus ohne Mobiliar lassen. Es soll ein Beispiel dafür sein, wie unsere Vorfahren lebten“, berichtet AWA-Vorsitzender Werner Eifrig.
Nachdem bereits eine Notsicherung erfolgte, soll das Gebäude demnächst saniert werden. Finanzielle Mittel aus dem Städtebausanierungsprogramm in Höhe von 25 000 Euro stehen bereit, um die ausstehenden Arbeiten seitens der Stadt abzuarbeiten, wie Eifrig informiert. Die Eigenmittel für die Förderung in Höhe von 5000 Euro stammen aus der Prämie für den erfolgreichen Wettbewerb integrierte Stadtentwicklung.
Während der Jahreshauptversammlung des Arbeitskreises stellte Dipolmrestaurator Bernd Dombrowski den Bauforschungsbericht vor. So erläuterte er, dass Fabianstraße 26 und 25 als ein zusammenhängendes Doppelhaus mit je einer Feuerstelle errichtet wurde. Das Grundstück lag unmittelbar an der Stadtmauer an. Das aus einem Erdgeschoss, einem Obergeschoss und einem Kehlbalkendach bestehende Haus wurde auf einem Feldsteinfundament in Ständerbauweise errichtet. Das Dach mit einem Sparrengebindeabstand von durchschnittlich zwei Meter war vermutlich mit einer Ziegeldeckung versehen.
Die Haushälfte Fabianstraße 26, mit einer Grundfläche von 6,90 Meter mal 5,96 Meter, wurde auf ihren bauzeitlichen Bestand hin untersucht. Die Bauhölzer des Nordgiebels, des Obergeschosses der Straßenfront, der vier Dachgebinde und die Ständer auf der Hofseite gehören zu einem gemeinsamen bauzeitlichen Abbund. Die dendrochronologischen Untersuchungen an neun Bauhölzern dieser Baugruppen belegen, dass es sich um Kiefern handelt, die im Winter zwischen 1708 und 1711 geschlagen wurden. Damit wäre das Baudatum ab 1711 zu benennen.
„Das Haus ist ein bauliches Zeugnis, dass den Wiederaufbau der Stadt nach dem Dreißigjährigen Krieg am Beginn des 18. Jahrhundert markiert“, gibt Dombrowski die Empfehlungen zur denkmalpflegerischen Zielstellung. „Die ablesbaren Veränderungen und Umbauten mit dem Beginn des 19. Jahrhundert zeigen zum einen die Entwicklung zu den Wohnverhältnissen der Handwerkerfamilie Scheidt, die als Pantoffelmacher die Haushälfte ab 1801 bewohnt haben, und zum anderen die Veränderungen der traditionellen Feuerstätten nach den neu entstehenden Brandschutzverordnungen im 19. Jahrhundert auf“, heißt es im Bauforschungsbericht.

(Aus Volksstimme vom 17.04.2014 von Doreen Schulze)

 

Ehepaar etabliert Werbener Salzkirche zu einem Ausstellungszentrum mit überregionaler Ausstrahlung

Ingrid und Dietrich Bahß sind die „Kultur-Macher“

Seit sieben Jahren organisiert Ingrid Bahß – maßgeblich unterstützt durch ihren Mann Dietrich – in der Werbener Salzkirche regelmäßig Ausstellungen. Gegenüber der Volksstimme ließen sie einige der Höhepunkte aus dieser Zeit Revue passieren.
„Ich habe einen Namen“ lautete der Titel der ersten Ausstellung in Organisation von Ingrid Bahß in der Werbener Salzkirche im Jahr 2006. „Das war ein Start und ein Testfall. Ich konnte damals nicht einschätzen, ob es ein Interesse gibt, wie die Resonanz ausfallen wird – zumal ich mit dem Thema Wohnungslosigkeit etwas Sozial-Politisches in die Öffentlichkeit gebracht hatte. Die große Resonanz, die es damals auf die Ausstellung gab, hat mich motiviert, weitere Vorhaben in Werben auf die Beine zu stellen“, sagt Ingrid Bahß.
Sieben Jahre sind seither vergangen.
Der Interessenkreis hat sich beträchtlich erweitert. Bahß: „Es freut mich immer wieder, wenn zu den Eröffnungsfeiern Gäste aus nah und fern kommen“, so Bahß. Sie will mit ihren Veranstaltungen auch etwas für den Tourismus tun. Nicht von ungefähr finden die meisten Ausstellungen in der Radelsaison statt und so seien Pedalritter entlang des Elberadwegs erfahrungsgemäß auch die häufigsten Besucher. 2007 gab es bereits zwei Kunstausstellungen in Organisation von Ingrid Bahß. Gezeigt wurde zunächst Malerei von Helmut Biedermann aus Berlin. Die zweite war eine Fotoausstellung unter dem Titel „Werben und das Biedermeier“, bei der Ingrid und Dietrich Bahß gemeinsam mit Christian Fiege und Anita Bous (alle aus Köln) erstmals in Werben eigene Fotoarbeiten zeigten.
Von 2007 bis einschließlich 2013 fanden jährlich zwei bis drei Ausstellungen beziehungsweise artverwandte Veranstaltungen in der Salzkirche statt, wobei Ingrid und Dietrich Bahß eine hohe Vielfalt an Themen und Kunstformen immer wichtig war. Auch aus diesem Grund wurde und wird bei den Eröffnungsfeiern zusätzlich noch für kulturelle Umrahmung gesorgt – zum Beispiel in Form von musikalischen Darbietungen, Lesungen, gespielten Stücken und so weiter. Auch Einrichtungen wie die Werbener Schule und die Kindertagesstätte haben sich bereits mit eingebracht.
Ein besonderer Höhepunkt war aus Sicht von Ingrid Bahß die Veranstaltung „Literatur in den Gärten und Häusern der Stadt im Zeichen des dichterischen Werkes von Johannes Bobrowski“ – ein dreitägiges Literaturfest im Jahr 2010 mit Lesungen, Vorträgen, einem Literaturgottesdienst, einem Literaturspaziergang, mit Konzerten und sogar einer Tanzperformance. „Eine ganze Reihe von Werbenern beteiligte sich, indem sie ihre Häuser oder Gärten für Veranstaltungen zur Verfügung stellten. Das war eine ganz tolle Erfahrung“, erinnert sich Ingrid Bahß.
Erwähnenswert sind viele weitere Veranstaltungen und Ausstellungen in Organisation des Köln-Werbener Ehepaars Bahß. Zum Beispiel die Ausstellung von Heribert Ottersbach „Kafkas Zimmer“ im Jahr 2011 oder auch die Fotoausstellung im Gedenken an Bernhard Rapp.
Aus Sicht von Dietrich Bahß war die Exposition „Daheim ist am schönsten“ von Peer Boehm (Foto-Grafik auf der Grundlage alter Fotos) ein großer Höhepunkt. „Davon haben sich sehr viele Werbener Bürger angesprochen gefühlt, weil es in der Ausstellung auch ein Bild von Felix Wagner, dem letzten Werbener Ausklingler, gab.“

Auch für 2014 hat Ingrid Bahß bereits interessante Veranstaltungen in petto. Geplant sind unter anderem ein Konzert mit Thomas Stein und Edgar Kraul, eine Ausstellung von Gudrun Poetzsch aus Bad Doberan, eine Ausstellungseröffnung mit Performance und Konzert von Daniel Penschuck und Partner aus Oldenburg sowie eine Buchvorstellung, in der der junge Dichter Jan Wagner im Mittelpunkt steht. „Diese Buchvorstellung ist mir eine besondere Herzenangelegenheit“, verrät Ingrid Bahß.

(Aus Volksstimme vom 20.11.2013, Text und Foto Andreas Puls)

Studenten-Duo arbeitet in der Lamberti-Kapelle / Komtureiverein hofft auf Erbbauvertrag
Spurensuche im ältesten Haus Werbens

Lambertikapelle

Lambertikapelle

Womöglich zählt die zum Komplex der Werbener Komturei gehörende Lamberti-Kapelle aus dem 13. Jahrhundert zu den ältesten Profanbauten Norddeutschlands. Ein Studenten-Duo ist dort auf Zeitreise gegangen.
Die Mitglieder des im Vorjahr gegründeten Komturei-Vereins Werben haben sich auf die Fahnen geschrieben, dass hinter der St. Johanniskirche liegende und rund 12000 Quadratmeter große Gelände nicht nur, so weit es geht, auf Vordermann zu bringen, sondern es auch wieder mit Leben zu erfüllen. Als erstes widmen sie sich dem kostbarsten Schatz der Komturei, der Lamberti-Kapelle.
Im ältesten Gebäude der Hansestadt könnte nach dessen Sanierung beispielsweise die Winterkirche Einzug halten. Vereinsmitglied Jochen Hufschmidt kann sich aber auch durchaus vorstellen, dass an dem historischen Ort ein Johanniter-Museum eingerichtet wird. Um spätere und notwendige Sanierungsaufgaben in Angriff nehmen zu können, sind entsprechende Voruntersuchungen nötig.
Und deshalb war der Verein um Vorsitzenden Christoph Schorlemmer froh, ein Studenten-Duo in Werben begrüßen zu können. Von dieser Kooperation profitieren sowohl die gebürtige Bosnierin Sanda Sehic (31) und der aus Aschersleben stammende Moritz Reinäcker (24) von der TU Berlin als auch der Komturei-Verein. Die künftigen Master of Science gehen nicht nur für die Werbener auf zeitgeschichtliche Spurensuche, sondern sie werden über ihre Tätigkeiten und nicht zuletzt über die Ergebnisse ihre Masterarbeit schreiben. Und über das Fazit sind auch die Komturei-Mitstreiter sehr gespannt; auf diesem Wege sollen noch unbeantwortete Fragen sozusagen ans Tageslicht gelangen. Was war die Lamberti-Kapelle ursprünglich? Ein Sakral – oder Profanbau? Einige Aufgaben hat das Duo, das über das Landesamt für Denkmalschutz „vermittelt“ wurde, bereits erledigt, so dass die Hauptarbeit, einen detaillierten Plan im Maßstab von 1:20 vom Gesamt-Gebäude inklusive Keller zu erstellen, begann. „Wir hatten uns ein Tachymeter ausgeliehen“, nennt Reinäcker das Gerät, das sehr hilfreich zum Ein- und Ausmessen der Punkte war und demzufolge gute Arbeit leistete. Er stellt eine vorsichtige Vermutung an: „Es gibt einige Dinge, die für ein Wohnhaus sprechen.“ Der 24-Jährige zeigt auf einen an der Nordwand des Gebäudes eingearbeiteten schmalen Schacht, der höchstwahrscheinlich als Aborterker diente. „Das war für die Mittelalterzeit typisch.“ Sitz- und Kerzennische vervollständigen den Bereich und bekräftigen die Hypothese. Obwohl Sanda Sehic sich noch mit einer Behauptung, ob die Kapelle zu Beginn ihrer Zeit im 13. Jahrhundert ein Wohnhaus war, zurück hält. „Für die Kulturlandschaft stellt die Kapelle ein I-Punkt dar“, ist sich Vereinsmitglied Bernd Dombrowski sicher. Unabhängig vom Ergebnis. „Es ist ein unscheinbar einmaliges Denkmal“, fügt Tobias Titz, Stellvertreter des Vorsitzenden hinzu. Und wenn sich herausstellt, dass die Kapelle ein Profanbau war, gehöre sie zu den ältesten Gebäuden Norddeutschlands. Nur Kirchen sind älter.
In den kommenden Tagen stehen weitere zukunftsweisende Entscheidungen für den Komturei-Verein bevor: Mit der Stadt, Eigentümer des Geländes und der Lamberti-Kapelle, soll ein Erbbaupachtvertrag geschlossen werden, „um handlungsfähig zu werden“, hofft Hufschmidt auf eine möglichst schnelle Einigung mit den Kommunalpolitikern. Desweiteren sind Gespräche mit dem noch heute existierenden Johanniterorden zu führen. Dieser hatte signalisiert, die Sanierung der Lamberti-Kapelle finanziell zu unterstützen.

Das Gebäude könnte als Konferenzraum dienen.
Ein Verfall der Komturei, die zu DDR-Zeiten von der damaligen LPG genutzt wurde und aktuell größtenteils (bis auf ein Unternehmen) ungenutzt ist, widerspräche den städtebaulichen Zielen der Hansestadt Werben. Deshalb möchte der Komturei-Verein aktiv werden. Neben der Lamberti-Kapelle soll auch der benachbarte Gebäudekomplex in einen sehenswerten Zustand gebracht werden und könnte später unter anderem Konferenzräume oder Zimmer für die Jugendarbeit im Ort beherbergen.

(Aus Volksstimme vom 29.08.2013, von Ingo Gutsche, Foto Werner Eifrig)

Altstadtverein hofft auf Fördermittel aus der Städtebausanierung oder anderen Töpfen für sein neuestes Projekt

Die Alte Schule am Werbener Kirchplatz ist vom Altstadtverein vorerst vor dem Verfall bewahrt und wird schon für die Biedermeiermärkte und andere touristische Aktivitäten genutzt. Nach 2016 soll der große Wurf in Sachen Sanierung gelingen.
Mit dem „Grundsatzbeschluss“, dass der Werbener Stadtrat zu gegebener Zeit über eine Bezuschussung für die Sanierung der Alten Schule auf dem Kirchplatz diskutieren will, trat der Vorsitzende des Arbeitskreises Werbener Altstadt (AWA), Werner Eifrig, am Dienstagabend den Heimweg an.
Aber auch mit dieser Minimalentscheidung, die letztlich mit acht Ja-Stimmen bei drei Enthaltungen fiel, taten sich einige Kommunalpolitiker um Bürgermeister Volkmar Haase schwer. Und das nicht nur, weil zum Beispiel Wolfgang Trösken bemängelte, dass sich die Räte über die Sache nicht belesen konnten.
Was will der Verein, der von ehrenamtlichen Mitgliedern lebt, nicht das erste Gebäude des Flächendenkmals Werben vor dem Verfall rettet und das Elbstädtchen unter anderem mit den Biedermeiermärkten weit über die Stadt-, Kreis- und Landesgrenzen hinaus bekannt gemacht hat? Nicht mehr und nicht weniger, als in die Städtebauförderung aufgenommen zu werden. Was auch hieße, nicht auf den Taschen der Stadt zu liegen.
Zuschüsse für Altstadt bis 2016 schon verplant.
Dass die Kommune die Mittel in Zusammenarbeit mit dem Sanierungsträger, der BIG Städtebau, bis 2016 schon fest verplant hat und dass die Stadt 2017 vielleicht aus dem betreffenden Förderprogramm ausscheidet, ist den Vereinsmitgliedern klar. Aber ebenso wie Verwaltung und Kommunalpolitik hoffen auch die Freunde alter Baukultur, dass das „Kind“ danach vielleicht einen anderen Namen bekommt und Fördermittel irgendwie weiterfließen. Es gilt also, den sprichwörtlichen Fuß in die Tür zu bekommen. Deshalb haben Eifrig und Co. auch vorsorglich schon damit begonnen, für einen zu leistenden Eigenanteil Rücklagen auf einem eigenen Konto zu bilden. Nicht zu vergessen, dass sie in der Vergangenheit auf eigene Kosten an Dach, Fenstern und Fassade schon eine gewisse Grundsicherung vorgenommen haben. Das Haus gehört übrigens der Kirche, die aber keine Verwendung für die Immobilie und dem Verein deshalb umfangreiche Nutzungsrechte eingeräumt hat und offenbar auch Willens ist, sich auf einen Kauf- oder Erbaupachtvertrag einzulassen.
Die momentanen Rechte nehmen die Mitstreiter um Werner Eifrig zu den Biedermeiermärkten in Anspruch. Das Haus ist inzwischen auch täglich geöffnet. Touristen bedienen sich dort an Broschüren über Stadt und Region, informieren sich über die Arbeit des Vereins im Allgemeinen sowie über die Alte Schule im Speziellen und honorieren die Mühen der Altstadtförderer gerne mit Spenden im Dienste der Sache, ließ Eifrig durchblicken.
Alte und neue Schule sind nicht vergleichbar.
Möglicherweise war es die vom Planer fürs erste geschätzte Investitionssumme, die einige Stadträte verschreckte. Mit 400000 Euro hat das Projekt eine beachtliche Hausnummer, wenn es um mittelfristige Planungen geht.
Der Einwurf von Johann Joachim Schorlemmer, dass das Konzept für ein Haus der Generationen, der Vereine, der Begegnung und der Kultur mit den kommunalen Interessen für die Grundschule im Fall ihrer Schließung kollidieren könnte, war für Werner Eifrig nicht nachzuvollziehen. Denn weder die zentrale Lage noch das Flair des alten Immobilie oder die touristische Anziehungskraft des alten Fachwerkhauses seien mit dem Backsteinbau der neuen Schule zu vergleichen.
Die Bedenken, dass die Stadt selbst noch genug Projekte (unter anderem Häuser, öffentliche Wege oder die Domäne) auf der Agenda hat, musste Eifrig so hinnehmen. Allen Beteiligten dürfte aber klar sein, dass die Eigenmittel, um die auch andere Vereine oder private Eigentümer nicht herumkommen, insbesondere bei der Stadt sehr begrenzt sind.
Michael Schnelle stellte schließlich fest, dass die Stadt keinerlei Risiko mit dem Grundsatzbeschluss im Sinne des Vereins eingehe und ermahnte in dem Zusammenhang und geprägt aus eigener Erfahrung, dass man doch nicht jede private Initiative kaputtdiskutieren soll.

(Aus Volksstimme vom 22.08.2013 von Ralf Franke)

Mit dem Haus Nummer 26 in der Fabianstraße soll sich eines der ältesten Häuser Werbens in ein Museum verwandeln.

Werben.  Sie hatten sich für das Gebäude starkgemacht. Und letztendlich konnten die Mitglieder des Arbeitskreises Werbener Altstadt die Mehrheit der Stadträte von ihrem Konzept überzeugen: Das Haus Nummer 26 in der Fabianstraße soll sich in ein Museum verwandeln und jene Zeit widerspiegeln, in der es entstand.
„Es stammt vermutlich aus dem frühen 17. Jahrhundert“, sagt Werner Eifrig, Vorsitzender des Arbeitskreises, der weiß, dass noch viel Arbeit vor den Denkmalschützern liegt. Viele Jahre ist das kleine Häuschen, das zu den ältesten der Elbestadt zählt, unbewohnt. Dementsprechend führte es ein Leben im Abseits, an dem der Zahn der Zeit nagt. Trotzdem: „Es muss erhalten werden“, so Eifrig. Als Museum sei es ein gutes Beispiel für die Wohnverhältnisse in der frühen Neuzeit.
Ungeachtet des jetzigen Zustandes und des anstehenden vielfältigen Aufgabenfeldes ist der 2004 gegründete Arbeitskreis erfreut, dass das Haus in Eigentum der Stadt Werben bleibt. Der Stadtrat gab dem Arbeitskreis grünes Licht, ein Überlassungsvertrag ist das Ergebnis. Es hätte aber anders kommen können. Für Werner Eifrig jedoch nicht nachvollziehbar. „Es gab einen Berliner Interessenten, der daraus eine Ferienwohnung gestalten wollte.“ Eifrig, der für die Volksstimme das Objekt aufschloss und auf die niedrige Deckenhöhe, die im Obergeschoss bei 1,70 Meter liegt, zeigte: „Zu Wohnzwecken kauft dies kein Mensch.“ Aber als Museum könne es für Werben sehr wertvoll sein. Das Stadtbild mit vielen Fackwerkhäuschen ist prädestiniert für eine Zeitreise in die Vergangenheit. Das bewiesen unter anderem die vielen Biedermeier-Märkte, organisiert vom Arbeitskreis Werbener Altstadt.
Nun soll das Objekt Fabianstraße 26 in den Fokus rücken. Viel Kraft und Zeit wird das Häuschen, in das bereits einige Gelder zur Notsicherung flossen, den Fans historischer Bauweise abverlangen. Schließlich wird das Gros der anfallenden Arbeiten von den Mitgliedern erledigt, wie der Vorsitzende versicherte und was nicht den Griff ins städtische Portmonee voraussetzt. Die kleinen Räume sollen „das Leben der damaligen Zeit präsentieren“. Neben dem in der Stube befindlichen Kachelofen stehen dann einige Möbel. Auch der Schlafraum und andere Zimmer sollen mit historischen Gegenständen ausgestattet werden und so die Wohnverhältnisse vor etwa 400 Jahren zeigen. Doch zuvor ist noch viel zu tun. Die Holzschutzbehandlung zählt zu den ersten Maßnahmen. In den Dielen würden sich die Holzwürmer wohl fühlen.
„Wir müssen die Touristen länger als einen Tag in der Stadt halten.“ Der Arbeitskreis-Vorsitzende ist überzeugt, dass dies mit mehreren interessanten Objekten, neben dem Elbtor beispielsweise die St.Johannis- und Salzkirche, gelingen könnte.

Volkstimme vom 18.11.2011, von I. Gutsche, Foto: I. Gutsche

Fabianstraße 26 bleibt Eigentum der Stadt

Das Haus in der Fabianstraße 26 wird nicht veräußert, sondern bleibt in Eigentum der Stadt. Der Werbener Stadtrat traf bei seiner Sitzung am Dienstagabend diesen Grundsatzbeschluss. Bevor das Gremium darüber entschied, ob das sanierungsbedürftige Objekt in Händen der Stadt bleibt und somit dem Arbeitskreis Werbener Altstadt zur Verfügung gestellt oder zum Verkauf ausgeschrieben wird, hatte Werner Eifrig das Wort. Der Vorsitzende des Arbeitskreises konnte davon berichten, dass mit dem Vorstand ein Nutzungskonzept erarbeitet wurde. Ziel ist die Sanierung zu einem „begehbaren Denkmal“, so Eifrig. Innerhalb des Arbeitskreises hätte sich eine Interessengruppe gegründet, die sich des Hauses und den damit verbundenen Aufgaben annehmen will. „Wir brauchen in Werben touristische Objekte.“ Die Kosten sämtlicher Arbeiten im Innern – Tischlerarbeiten sind demnächst geplant – übernehme die Interessengruppe. „Es gibt noch sehr viel zu tun“, so Eifrig.

(Volksstimme vom 10.11.2011, ein Beitrag von Ingo Gutsche)

 

Die kleinste Stadt des Landes

Werben für Werben mit Biedermeier-Markt

Von Ute Semkat

Werben. In Werben unmittelbar an der Elbe leben etwa 830 Einwohner, ein Viertel weniger als 1990. Im mittelalterlichen Ortskern der kleinsten Stadt Sachsen-Anhalts klaffen 14 Baulücken, und von den etwa 50 leerstehenden Häusern könnten einige womöglich bald die nächste Lücke reißen.

Wäre da nicht der Arbeitskreis Werbener Altstadt. „Man will doch, dass die eigene Stadt lebenswert bleibt“, sagt der 1.Vorsitzende Werner Eifrig, Besitzer einer Gärtnerei. Ein Haus in der Seehäuser Straße, dessen Einsturzgefahr vor vier Jahren die Bauaufsicht alarmierte, hat der Arbeitskreis durch Notsicherung erhalten können. Es steht noch immer. Allerdings bis heute leer.

Seitdem hat der Arbeitskreis weitere denkmalgeschützte Gebäude gerettet. „Wo kein Eigentümer feststellbar ist, entmüllen wir die Häuser auf eigene Kosten“, erzählt Eifrig. „Für ein gutes Stadtbild. Und in der Hoffnung, dass dann jemand kommt und kauft.“

Finanziert wird das auch mit Hilfe der Biedermeiermärkte des Vereins – immer am ersten Juli-Wochenende und am dritten Advent. Ehrenamtlich betreut wird auch die Website www.werben-elbe.de, die für bundesweite Bekanntheit sorgt.

Die Mehrzahl der Arbeitskreismitglieder sind Neu-Werbener. Denn das Werben für Werben hat sich mit Zuzug ausgezahlt. Einige Fremde haben hier ihre Koffer ausgepackt und sich in freien Häusern eingerichtet, die laut Bürgermeister Volkmar Haase für wenig Geld zu bekommen, allerdings mit viel Aufwand herzurichten sind. Der Stadtrat reserviert jedes Jahr einen Teil der jährlichen Landesfördermittel für „kleinteilige Maßnahmen“: Wer privat ein denkmalgeschütztes Haus saniert, kann für Dach oder Fassade mit ein paar tausend Euro rechnen, sagt der Bürgermeister.

Seine drei Kinder wohnen ebenso wie Eifrigs Sohn nicht mehr in Werben – wegen der Arbeit. Damit aber nicht alle jungen Leute abwandern, leistet sich die Stadt weiterhin ein Freibad, die Kindertagesstätte ist voll ausgelastet, und für die Grundschule gibt es eine Ausnahmegenehmigung. Auch die vielen Storchennester auf den Dächern geben Hoffnung.

Volksstimme vom 22.06.2010 von Ute Semkat

 

Zu schön zum Sterben

Werben an der Elbe ist eine Stadt am Limit. Sie hat nur noch 830 Einwohner und schrumpft weiter. Doch die Stadt ist auch ein Kleinod. Und wo wenig ist, bleibt vieles möglich.

Bericht in brandeins 12.2006 als PDF downloaden.

Bericht in brandeins 12.2006 als PDF downloaden.

Bericht in brandeins 12.2006 als PDF downloaden

 

 

Werben ohne Werbung

Kleine Stadt am Elbufer mit großer Geschichte

johanniter 2/07

johanniter 2/07

Auszug aus „johanniter 2/07“ jetzt als PDF downloaden.

 

Bürger verhindern schmerzende Lücke

Abriss des Ackerbürgerhauses in Werben erstmal kein Thema mehr

Von Berit Boetzer

WERBEN. Sie hätte sehr geschmerzt, die große Baulücke an der Seehäuser Straße. Doch dank des Engagements der Mitstreiter des Arbeitskreises Werbener Altstadt bleibt das Ackerbürgerhaus erhalten. Die Mitglieder haben ins private Portmonee gelangt, um die derzeit laufende Notischerung finanzieren zu können.

Werner Eifrig freut sich und spricht von einem „wichtigen Schritt“. Der Abriss des Ackerbürgerhauses an der Seehäuser Straße stand kurz bevor. Doch das Blatt hat sich gewendet, der monatelange Kampf um den Haus-Erhalt hat sich mehr als nur gelohnt, macht Eifrig deutlich. Ein Verdienst der Mitglieder des Arbeitskreises Werbener Altstadt. „Wir sind in Vorleistung gegangen“, erklärt Eifrig, selbst rühriger Arbeitskreis-Mitstreiter. Heißt, privat werden die Bauarbeiten bezahlt. Unterstützung in ihrem Tun erfuhr die Bürgergruppe seitens der Stadt. So sind Fördermittel für das Sanierungsvorhaben in Aussicht gestellt und zwar aus dem Topf der BIG Städtebau. „Rund 40 Prozent der Summe kann gefördert werden“, gibt sich Werner Eifrig optimistisch.

Um überhaupt auch nur einen Handschlag im und am Haus machen zu können, musste der Arbeitskreis Voraussetzungen erfüllen. Etwa sich mit dem Eigentümer des Hauses in Verbindung setzen. Dieser musste einwilligen, dass der Arbeitskreis handeln kann. Ebenso zog sich das kreisliche Bauordnungsamt zurück. Die Behörde hatte über ein halbes Jahr Geduld bewiesen, letztendlich war der Abriss des Hauses schon beschlossene Sache. Das Amt stimmte am Ende einer Notsicherung zu. Dann ging alles relativ schnell.

Seit einigen Tagen und voraussichtlich bis Ende nächster Woche ist eine Firma aus Biederitz an der Seehäuser Straße vor Ort. Ein „trauriges Bild“, was Fimen-Chef Michael Rexin vorfand. Für den Gesamteindruck des Stadtkerns sei es besser, das Haus zu erhalten. Seit Anfang der 90er Jahre nagte gnadenlos der Zahn der Zeit an dem Gebäude. Jederzeit hätte es einstürzen können. „Wir tasten uns vor“, so Rexin und seine Gesellen Katrin Rexin sowie Stefan Richter. Neue Stützbalken aus Kiefernholz sollen für einige Jahre Stabilität bringen. „Die Fassade ist gut“, sagt der Fachmann und auch im Innern befindet sich tragfähiges, gutes Eichenholz. Jedoch lässt das Trio bei der Arbeit viel Vorsicht walten, schließlich könne Unvorhersehbares geschehen und „über unseren Köpfen zusammenfallen“.

Quelle: Artikel aus der Altmark-Zeitung vom 15. März 2007

Werben (Elbe), 02.03.2007

Es gibt Hoffnung für das alte Ackerbürgerhaus in der Seehäuser Straße in Werben. Eigentlich hatte das kreisliche Bauordnungsamt den Abriss des maroden Hauses schon verfügt. Der Arbeitskreis „Werbener Altstadt“ wirft nun den Rettungsanker.

Von Volker Langner

Werben. „Wir mussten reagieren, auch wenn niemand definitiv sagen kann, ob Gefahr im Verzug ist. Doch das Haus ist baufällig. Der Eigentümer reagierte auf die Anordnung zur Sicherung nicht“, fasst Dirk Michaelis, Bauordnungsleiter des Landkreises, die Vorgeschichte kurz zusammen.

Um mögliche Gefahren abzuwenden – Michaelis: „Wenn etwas passiert, ist das Geschrei groß“ -, entschied sich der Kreis für die kostengünstigste Sicherungsvariante: den Abriss. Dagegen lief der Arbeitskreis „Werbener Altstadt“ Sturm. Er befürchtet nicht nur einen Schandfleck, sondern sieht letztlich Möglichkeiten der Entwicklung des Elbestädtchen als Touristenmagnet gefährdet.

Am vergangenen Wochenende einigten sich Vorstand und Vereinsmitglieder darauf, die Sicherung des Gebäudes zu übernehmen und damit den Abriss abzuwenden. Michaelis steht dem Ansinnen positiv gegenüber. „Ich drücke dem Verein die Daumen. Auch mir würde es wehtun, wenn eine Lücke in den geschlossenen Ortskern gerissen würde“, merkt er an.

Wenn der Verein die Sicherung übernimmt, sei die Abrissverfügung natürlich null und nichtig. Allerdings macht der Baufachmann auch klar: „Es kann nicht beim Bekenntnis bleiben.“

Die Notsicherung beginnt voraussichtlich Mitte dieses Monats und soll noch im März abgeschlossen werden.

Quelle: Volksstimme

Werben (Elbe), 22.02.2007

„Wir wollen mit aller Macht das Haus erhalten“

Abriss oder Bestand des Ackerbürgerhauses in Werben / Prozess dauert schon sieben Monate an

Von Berit Boetzer

WERBEN. „Noch in diesem Monat wird es abgerissen“ – war Anfang September in der AZ zu lesen. Doch es steht noch immer, das Ackerbürgerhaus an der Seehäuser Straße 17. Dank des Engagements einiger Bürger.

Die Gemüter sind erhitzt, wenn das ruinöse Haus zur Sprache kommt. Während Dirk Michaelis vom kreislichen Bauordnungsamt nicht mehr länger die andauernde Situation hinnehmen will und von Gefahrenabwehr spricht, machen sich vor allem die Mitglieder des Arbeitskreises Werbener Altstadt für den Erhalt des Hauses stark. Hinter verschlossenen Türen kamen auf der jüngsten Ratssitzung die drei beteiligten Parteien zu Wort: Landkreis-Vertreter Michaelis, Mitstreiter des Arbeitskreises und Räte.

Sieben Monate dauert der Prozess um den Haus-Erhalt schon an. Verschiedene Varianten wurden ausgelotet, doch erfolglos. Das Stadtportmonee ist leer, von dieser Seite fließt kein Geld. Mittel aus dem Topf Städtebauförderung sind nur zu erwarten, wenn der Eigentümer mitfinanziert. Doch bei diesem scheint nichts zu holen. Schon seit über zehn Jahren nagt der Zahn der Zeit am Gebäude. Bürgermeister Dr. Volkmar Haase sitzt zwischen den Stühlen. Als Mitglied des Arbeitskreises will er einen Abriss verhindern, als Stadtoberhaupt weiß er um Werbens Etat und dass da nichts zu machen sei.

Michaelis stellte unmissverständlich klar, dass der Landkreis nicht länger warten will. Zwar sei das Gebäude in den vergangenen Monaten noch nicht eingestürzt, aber „ich weiß nicht, ob es in den nächsten Tagen zusammenfällt“. Es scheint eine letzte Chance zu geben. Wie Werner Eifrig vom Arbeitskreis gegenüber der AZ erklärte, setzt sich am morgigen Freitag der Arbeitskreis zusammen. Dabei werde die Möglichkeit geprüft, über Privat-Gelder die Notsicherung des Ackerbürgerhauses realisieren zu können. „Wir wollen mit aller Macht das Haus erhalten“, fügte Eifrig hinzu. Doch morgen Abend müsse eine Entscheidung fallen, sagte Michaelis. Entweder gesicherte Bausub-stanz oder schneller Abriss.

Quelle: Altmark Zeitung

Werben (Elbe), 15. Februar 2007

In Werben, der 1000-jährigen Hansestadt, soll in einer der wichtigsten Straßen ein Baudenkmal abgerissen werden, ein großes Ackerbürgerhaus, das den Straßenverlauf entscheidend prägt. Dies geht aus einem Schreiben des Landkreises Stendal an die Verwaltungsgemeinschaft Arneburg-Goldbeck vom 1.2.07 hervor. Mit dieser überraschenden Entscheidung werden die jahrelangen Bemühungen um die Erhaltung des Stadtbildes in Frage gestellt. Da die Erhaltung der wertvollen historischen Bausubstanz in Werben ein nationales Anliegen ist, wurde die Stadt seit 1992 durch Städtebaufördermittel unterstützt und in das Programm Städtebaulicher Denkmalschutz aufgenommen. Auch die Deutsche Stiftung Denkmalschutz hat sich in Werben engagiert.

Werben ist eine kleine Stadt, aber was an dieser Stadt fasziniert, ist ihre Geschlossenheit in der Bauweise des 18./19. Jahrhunderts. Ein Abbruch des städtebaulich überaus wichtigen Hauses und die spätere Ansicht einer großen Baulücke mit schäbigen Brandwänden dürfte Werbens Möglichkeiten einer positiveren Entwicklung ganz erheblich schaden und Menschen, die sich hier engagieren möchten, völlig abschrecken.

Landkreis und Verwaltungsgemeinschaft müssen sich dem Vorwurf aussetzen, in der Vergangenheit zu wenig für den Erhalt der Stadt Werben unternommen und die Jahre vorher verschlafen zu haben. Ein zentrales, aber seit Jahren ungeklärtes Problem ist die Eigentumsfrage, auch im Fall Seehäuser Straße 17. Warum wird die rechtliche Handhabe der Enteignung (vorgesehen im Denkmalschutzgesetz des Landes Sachsen-Anhalt) oder der Zwangsversteigerung nicht genutzt? Warum ist ein Abriss rechtlich möglich, aber kein Erhalt? Warum wird man erst aktiv, wenn es (fast) zu spät ist? In der Stadtsanierung müssen zukunftsweisende Prioritäten gesetzt werden. Was helfen wunderbare städtische Straßen, wenn an diesen niemand mehr wohnen wird?

Interessenten für die alten Häuser sind durchaus vorhanden. Die ungeklärten Eigentumsverhältnisse und Desinteresse seitens Politik und Verwaltung hindern potenzielle Neubürger jedoch daran, ein leerstehendes Haus zu erwerben und zu restaurieren. Der Stadt gehen zudem seit Jahren nicht eingeforderte Grundsteuern verloren. Von einer Schließung der Baulücke durch einen Neubau gleicher gestalterischer Qualität zu träumen, ist schlicht unsachlich. Wer sich mit dieser Thematik auskennt weiß, dass dies zwar immer wieder von Politikern und Investoren versprochen, jedoch nie eingelöst wird. Hier sind Engagement und Verantwortung von allen gefragt: von Politikern, Verwaltungen und dem Denkmalschutz. Der Abbruch ist vermeidbar, eine Instandsetzung möglich und vertretbar. Die für den Abriss vorgesehenen Mittel müssen aufgestockt und in die fachgerechte Sicherung investiert werden.

In Werben gibt es eine seit zwei Jahren tätige Bürgergruppe, die wieder neues Leben in die alten Mauern holen will. Initiator dieses ständig wachsenden Arbeitskreises ist der Restaurator Curt Pomp. Für die Rettung der westlichen Altstadt in Lüneburg – heute ein bevorzugtes Wohngebiet – erhielt Curt Pomp das Bundesverdienstkreuz. Die Zukunft der Stadt Werben kann nicht in Resignation und Abbruch liegen. Vielmehr müssen wir dafür sorgen, dass neue Bürger und neues Leben für die Stadt gewonnen werden.

Hansestadt Werben