Alltag im Biedermeier

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Quelle: Johann Michael Voltz: Ein Hausbuch aus dem Biedermeier, Woldemar Klein Verlag, Baden-Baden 1957

Alte Städte und so auch die Städte im Biedermeier waren
ohne das Handwerk nicht denkbar. Das Biedermeier war
eine letzte Glanzzeit für bestimmte Berufe, z.B. Kutschenbauer
und Möbeltischler. Kurz danach zerbrachen die alten Zunftordnungen
und manche Berufe verschwanden völlig bzw. wurden durch
industrielle Herstellungsverfahren ersetzt.
Vor der Stadt gab es gepflegte Gemüse- und Ziergärten,
Gartenlauben und Lusthäuschen. Die Gartenlaube war so wichtig
für das tägliche Leben, dass es sogar eine Zeitschrift gleichen
Namens gab. Gartenlauben standen auch oft vor Gasthäusern,
der Gast trank seinen Wein und sah dem Straßenleben zu.
Morgens duftete es nach frischem Brot aus dem Bäckerladen,
die Backwaren wurden in Weidenkörben vor die Tür gestellt oder
auf den Markt gebracht, auf dem einige Bauern ihre Erzeugnisse
anboten. Vieles hatten die Bürger ja selbst. Der Schlachter zog
ein Schwein an den Ohren in seinen Hof, um es seiner
Bestimmung zuzuführen. Der kleine Krämer an der Ecke
versorgte die Bürger mit Schwefelhölzern, Heringen, Nähseide
und vielem anderen, vor allem aber neuesten Informationen.
Das Ganze war nirgendwo von Hektik geprägt.
Die Bauernwagen rumpelten langsam über das Kopfsteinpflaster,
mal mit Kühen, mal mit Pferden bespannt.
Dem Signal des Postwagens allerdings musste
alsogleich Folge geleistet werden, die Post hatte immer Vorfahrt.

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Quelle: Johann Michael Voltz: Ein Hausbuch aus dem Biedermeier, Woldemar Klein Verlag, Baden-Baden 1957

Waschtage waren Horrortage für alle Hausmitglieder. Am Bach, am Fluss oder im Bottich wurde gewaschen, gekocht, gebleicht und wieder in die Schränke gepackt. Der gleiche Einsatz bei der Gartenernte: Einkochen, Einlegen, alles klebte bis die lange Reihe von Töpfen und Gläsern in der Speisekammer das Überleben des Winters sicherte. Viele Bürger hielten ein Schwein, das durch den Hausschlachter zu Würsten und Schinken verarbeitet wurde.

Nach getaner Arbeit saß man vor der Haustür, die Frau mit Strickstrumpf, der Mann mit langer Pfeife im Hausmantel und mit der Zipfelmütze auf dem Kopf. Manchmal griff der Hausvater zu Zylinder und Stock und wanderte zu den anderen Honoratioren an den Stammtisch – eine weitere Erfindung des Biedermeier. Und gesungen wurde zu jeder Zeit! Es gab Gesangsvereine und Liedertafeln allerorten. Es wurde hausmusiziert und in „besseren“ Familien unterhielt man sich bei Butterbrot und Tee durch geistvolle Gespräche, durch Spiele und Scharaden. Bescheidene Behaglichkeit und ein weitverbreiteter, guter, sicherer Geschmack bedurften keiner Obrigkeit zum Beispiel beim Hausbau. Man wusste genau wie ein Haus zu den Nachbarn passt ohne zu stören. Dieses starke, sichere Gefühl ist uns leider abhanden gekommen.

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Quelle: Johann Michael Voltz: Ein Hausbuch aus dem Biedermeier, Woldemar Klein Verlag, Baden-Baden 1957

Viele Menschen haben noch die Kindheitserinnerungen im Kopf z.B. vom Besuch der Großeltern auf dem Lande, wo noch Handwerk betrieben wurde, Bauerngärten und Land bewirtschaftet wurden, Gänse, Enten, Hühner und anderes Getier die Geräuschkulisse und das Straßenbild prägten. In Werben gab es selbst zu Zeiten der DDR einen Kuhhirten, der die Kühe morgens auf die Allmende brachte und genauso soll es noch einen Gänsehirten gegeben haben.